Kolumne 11
Die Schachuhr
Zum ernsten Turnierspiel gehört heute auch die Schachuhr. Das war nicht immer so. Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts spielte man ohne Zeitkontrolle. So berichtete Georg Walker über den Wettkampf Labourdonnais - MacDonnel aus dem Jahre 1834: "Die Kämpfer fanden sich gewöhnlich mittags um 12 oder 1 Uhr im Westminster-Klub in London ein und spielten bis 6 oder 7 Uhr abends; manchmal wurde eine Partie auf das nächste Zusammentreffen vertagt. Sie spielten jeden Tag, Sonntage ausgenommen. Manche Partien nahmen lange, lange Stunden in Anspruch, doch wurde die genaue Bedenkzeit nicht aufgezeichnet. Ich sah MacDonnel anderthalb Stunden und noch mehr auf einen Zug verwenden und auch Labourdonnais einmal 55 Minuten." 1843 wurde im Grand Cercle in Paris der Wettkampf Staunton-Saint Amant ausgetragen. Deschapelles schrieb in einem Brief an den Astronomen Schuhmacher in Altona. "Im Durchschnitt dauerte jede Partie 9 Stunden. Die Spieler waren langsam bei jedem Zuge im Widerspruch mit demjenigen Nachdenken, das durch Pausen von ein paar Minuten über die Zukunft gebietend, nach leichter Durchsicht eine grosse Zahl folgerichtiger Züge aus der Hand fallen lässt. Sie krümmten sich unter materieller Ermüdung, einer Ermüdung, die nichts mit dem Denken zu tun hat, einer körperlichen Ermüdung, die sie zwang abzubrechen und zu flüchten, um Luft und Nahrung zu suchen." Im Turnier von Paris 1867 spielte man dann bereits mit Sanduhren. Innerhalb einer halben Stunde mussten die Spieler 10 Züge ausgeführt haben. Die erste mechanische Schachuhr wurde im Turnier zu London 1883 verwendet. Konstruiert hatte sie der Uhrmacher Thomas Bright Wilson in Manchester.
Die Entwicklung der "Zeitmesser" in der Frühzeit des Turnierschachs
Jahr | Anlass | Bedenkzeit | Methode |
---|---|---|---|
1861 | Wettkampf Anderssen - Kolisch | 24 Züge in 2 Stunden | Sanduhr |
1865 | Internationales Turnier in Dublin | 20 Züge in 2 Stunden | Sanduhren |
1866 | Wettkampf Anderssen - Steinitz | 20 Züge in 2 Stunden | Uhren |
1866 | Wettkampf Steinitz - DeVere | 24 Züge in 2 Stunden | Sanduhr |
1867 | Schachkongress in Dundee | 30 Züge in 2 Stunden | Sanduhren |
1870 | Schachkongress in Baden-Baden | 20 Züge in 1 Stunde | Uhren |
1871 | Wettkampf Mackenzie-Congdon | 24 Züge in 2 Stunden | Sanduhr |
1871 | Internationales Turnier in Cleveland | 10 Züge in 2 Stunden | Sanduhren |
1872 | Wettkampf Steinitz - Zuckertort | 15 Züge in 1 Stunde | Uhren |
1873 | Internationales Turnier in Wien | 20 Züge in 1 Stunde | Uhren |
1875 | Internationales Turnier in Philadelphia | 15 Züge in 1 Stunde | Sanduhren |
1883 | Internationales Turnier in London | 15 Züge in 1 Stunde | Kippuhren |
Auszüge aus "1889-1989 100 Jahre Schweizerischer Schachverband", geschrieben von Alex Crisovan, erschienen 1989, Zürcher AG (Zug)
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